
Den Retourenkrieg auf Amazon gewinnen
Wenn du als 1P-Marke (Vendor) auf Amazon verkaufst, ist das vierte Quartal ein zweischneidiges Schwert. Ja, Black Week und das Weihnachtsgeschäft sorgen für massive Umsatzspitzen. Aber sie bringen auch etwas anderes mit sich: eine Rücksendewelle und Chargebacks, die leise deine Marge auffressen, deine operativen Kennzahlen belasten und sogar die Sichtbarkeit deiner Marke auf Amazon verschlechtern können. Dieser Beitrag zeigt, warum Retouren für 1P-Vendoren zu einem strategischen KPI geworden sind – und was du jetzt konkret tun kannst, um Profitabilität und Markenimage zu schützen.
Die neue Realität der Amazon-Retouren
Retouren sind nicht mehr ein Nebeneffekt des Onlinehandels – sie sind ein zentraler Bestandteil der P&L.
Im E-Commerce lag die durchschnittliche Retourenquote 2024 bei rund 16,9 % (Shopify).
Während der Weihnachtssaison steigt sie weiter an:
- Händler erwarten 17 % mehr Retouren als im Jahresdurchschnitt (National Retail Federation)
- E-Commerce-Retouren von 20 % und mehr zu High-seasons (National Retail Federation)
Amazon verstärkt dies durch sein radikal kundenorientiertes Modell:
- Längere Rückgabefristen (National Retail Federation)
- Kostenlose Rücksendeetiketten und extrem einfache Prozesse (Shopify)
- „returnless refunds“ – der Kunde bekommt das Geld und behält das Produkt. Großartig für die Kundenerfahrung – brutal für deine Margen (Shopify).
Amazons 1P Return Rate Programm
Der Game-Changer für Vendoren: das neue Retourenprogramm für 1P-Hersteller.
- Häufig retournierte Artikel werden automatisch markiert
- Amazon kann Herstellern Rücksendekosten, Versand- und Bearbeitungsgebühren anlasten
- Der Suchalgorithmus belohnt niedrige Retourenquoten = Rankingfaktor
Fazit: Deine Retourenquote wird damit zu einer nicht unterschätzbaren Performance-KPI.
Retouren treffen dich doppelt
Margenverlust & Chargebacks
Eine Retoure ist nicht nur einfach eine Rückerstattung.
Ist ein Produkt erst verkauft, verschickt, zurückgesendet, geprüft und wieder eingelagert oder entsorgt, verlieren Marken oft über 30 % des Warenwertes. Besonders betroffene Kategorien sind dabei Fashion und Elektronik.
1P-Vendoren trifft zusätzlich:
- Compliance-Strafen bei Fehlplanungen oder Neubelieferungen
- Jede Retourenbegründung („zu klein“, „nicht wie beschrieben“) signalisiert Content-Optimierungsbedarf
- Wer Retourenquoten und Chargebacks nicht ASIN-genau überwacht, riskiert, dass Q4 zum Jahresverlust wird.
Die 5 Hebel zur Reduzierung von Retouren
Retouren sind jetzt ein Marken- & Rankingthema
Hohe Retourenquoten beeinflussen:
- Sichtbarkeit in der Suche
- Markenwahrnehmung (negative Bewertungen enthalten oft Retourenbezüge)
- Buy-Box-Performance
In der Peak-Season wächst die Gefahr: Umsätze steigen, aber die Gesundheit deiner ASINs und damit deiner Listings leiden im Hintergrund.
Erwartungslücke auf Produktseiten schließen
Die meisten vermeidbaren Retouren entstehen durch falsche Erwartungen:
- Farbe leicht abweichend
- Passform stimmt nicht
- Funktionen falsch verstanden
Maßnahmen
- Kompromisslos klare Produkttexte
- Passform- & Größenberatung inkl. „Wenn du zwischen zwei Größen liegst, wähle X“
- Lifestyle-Bilder & Videos für realen Kontext
- „Ideal für / Nicht geeignet für“-Bullet Points zur Vorqualifizierung
Schau dir die Gründe für deine Retouren genau an. Darauf aufbauend, kannst du deinen Content entsprechend anpassen.
Reduzierung von „Bracketing“-Verhalten
Was bedeutet „Bracketing“? Du kennst das selber sicher auch – du bist dir unsicher – welche Hose die richtige Größe hat, ob die Schuhe nicht doch besser eine halbe Nummer größer sein sollten. Also bestellst du mehrere Varianten – du willst schließlich nicht mehrmals zur Post/Packstation. Du willst dazu auch noch die Wahl haben und dich ausprobieren. Diesen Teil des Kaufprozesses nennt man bracketing.
Diese Verhalten ist ein großer Treiber der Weihnachtssaison-Retouren.
Maßnahmen
- Größen- und Passformvergleich („im Vergleich zu Marke X etwas schmaler“)
- FAQ- und Q&A-Bereiche zur Vorbeantwortung typischer Fragen
- Zielgruppeneignung klar kommunizieren („ideal für schmale Füße“, „für kleine Räume“)
- Wo möglich virtuelle Anprobe / Fit-Finder / Konfiguratoren nutzen
Ziel
Kunden wählen eine Variante – nicht drei.
Bewertungen als kostenloses UX-Research nutzen
Jede Bewertung, die eine Retoure erwähnt, ist gratis Produktfeedback.
Maßnahmen
- Reviews mit „zurückgeschickt / retourniert“ taggen
- Mit realen Retourendaten verknüpfen
- Content, Bilder, Verpackung & Anleitungen entsprechend verbessern
Ergebnis
Schnelle Reaktionen („Wir haben unsere Größentabelle angepasst – danke für dein Feedback“) stärken Vertrauen und Kaufabsicht.
Nachfrage auf niedrig retournierende ASINs lenken
Es ist ganz normal, dass du in deinem Katalog ASINs haben die besser performen als andere. Das mag an saisonalen Gegebenheiten liegen oder einfach an der Kundennachfrage selbst. Daher treffen manche deiner ASINs den Customer-Need schlichtweg besser und werden daher auch weniger retourniert.
Maßnahmen
- Performance-starke ASINs über Ads, Coupons, Bundles pushen
- Sie als Hero-Produkte in Black-Week-Kampagnen platzieren
- Preise steuern: aggressiv bei niedrigen Retourenrisiken, vorsichtig bei High-Risk-Produkten
Retourenkosten aktiv senken
Volumen reduzieren ist die eine Seite.
Kosten pro Retoure senken eine andere.
Maßnahmen
- Vendor Central-Dashboards aktiv überwachen
- Fokus auf PO-Genauigkeit, ASN-Korrektheit, Etikettierung & Prep-Compliance
Wenn du weißt, dass um die Weihnachtszeit deine Artikel anfällig für Retouren sind; entwerfe einen möglichst genauen Holiday-Returns-Prozess:
- eigene KPIs für Nov–Jan
- zusätzliche Kapazitäten für schnelle Abwicklung
- klare Regeln für Refurbish / Resale / Liquidation
Bau dir dein eigenes Retoure-Playbook
Fazit
Retouren auf Amazon sind nicht länger „kosten die eben anfallen“ – sie sind vermeidbar und reduzierbar.
Für Vendoren wirken sie direkt auf:
- Profitabilität
- Sichtbarkeit & Buy-Box-Chancen
- Markenwahrnehmung
Wer jetzt – vor und während der Peak-Season – in bessere Produktinformationen, intelligente Nachfrage-Steuerung, operative Exzellenz und solide
Analytik investiert, kann:
- mehr verkaufen
- weniger an Retouren & Chargebacks verlieren
- Q4 mit stärkeren ASINs statt beschädigten beenden
Details, die zählen!
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